Persönliches Logbuch

7. August 2250
Heute bin ich auf Io angekommen. Nun beginnt meine Laufbahn als Sicherheits-Offizier - ob ich wohl die richtige Entscheidung getroffen habe? Manchmal glaube ich, ich habe übereilt gehandelt. Bei Reitern sagt man ja, wenn sie abgeworfen werden, sollten sie sich gleich wieder aufs Pferd setzen . . .

Vielleicht renne ich nur vor der Vergangenheit davon - es ist schon wahr, daß ich mich überwinden müßte, um wieder in eine Starfury zu steigen. Vierunddreißig Stunden allein im All, in einer Blechdose, die mir alle paar Minuten erzählt, da? sie nun noch weitere Funktionen verloren hat und eher früher als später auseinanderbrechen wird. Und dann die Wrackteile meiner Freunde - und ihre Leichen bzw. was davon übrig geblieben ist . . . Jede Nacht sitze ich in der Dose! Nur da? heute die Leichen zu mir sprechen.

Darum muß ich etwas tun! Unsere Staffel hätte eine gute Chance gehabt, den Einsatz relativ unbeschadet zu überstehen, wäre Jack nicht auf Koks gewesen und hätte die Nerven verloren. Scheiße, ich hätte es melden müssen - ich hatte doch gewußt, daß er dieses Zeug nahm - ich wollte einfach nicht wahrhaben, daß er es auch während der Einsätze gebrauchte. Hatte Angst, wenn es rauskommt, würden sie ihn versetzen und ich ihn nicht wiedersehen - dabei war er doch wirklich ein ziemlicher Scheißkerl. Aber wie der Alte schon sagte, Vorwürfe nützen nichts und niemanden etwas.

Ich muß mich immer daran erinnern, daß ich hier bin, um zu helfen den Drogensumpf trockenzulegen. Und gerade jetzt, wo wir uns von dem Chaos des Krieges erholen wollen, sind Sicherheitskräfte mehr denn je gefragt.

Aber warum mußte ich von allen Orten der Galaxis ausgerechnet hier auf Io landen, wo Yoshisada stationiert ist - wir haben uns seit meinem Beitritt zur Earth-Force nicht mehr gesprochen. Meine Güte, daß ist auch schon sechs Jahre her. Damals hat er mich total zusammengestaucht - ich hätte der Familie große Schande bereitet, ich wäre zu egoistisch, man hätte Pläne für mich, hätte auch schon einen Heiratskanidaten und es wäre im Interesse Japans und vor allem meiner Familie, daß ich mich diesen Plänen fügen würde.

Diese Phantasten - die leben immernoch im neunzehnten Jahrhundert. Träumen davon die alte Ordnung wiederauferstehen zu lassen.
"Das Chaos und der Sumpf der letzten dreihundert Jahre war eine Prüfung. Wie sind auserkoren, die alten Zeiten wieder zurückzubringen. Eine saubere Erde, wo Ordnung herrscht, und die kriminellen Chaoten ihre gerechtes Schicksal ereilen werden. Und Japan wird die Spitze der Asiatischen Völker sein."
Das hört sich an wie ein schlechter Witz - die Worte meines Vaters. Das erschreckende an der Sache ist, daß er damit sogar die Wahlen gewinnt - obwohl er natürlich nicht überall so offen über seine eigentlichen Ziele spricht.

Jetzt muß ich Schluß machen, mein Dienst beginnt in zehn Minuten.
 

10. August 2250
Gestern habe ich mein Brüderlein getroffen, das war vielleicht verkrampft. Damit verglichen war die Diensteinweisung mit Vorstellung bei meinen neuen Kollegen ein fröhliche Runde.
Yoshisada hat einige frostige Bemerkungen über meine Erscheinung gemacht, und mich dann zu einer Dinnerparty eingeladen. Was für eine Überraschung! Vielleicht macht er das nur um mich zu ärgern. Er weiß doch genau, wie ich solche formellen Geschichten hassen.

Da Gregory Stenton, einer meiner neuen Kollegen dabei war, konnte ich schlecht absagen ohne das Yoshisada sein Gesicht verloren hätte. Ich will unsere  Situation ja nicht unnötig verschärfen.

Ja, die Kollegen. Das läuft eigentlich ganz gut - mit den meisten habe ich schon ein paar Worte gewechselt. Sind ganz in Ordnung. Mein Vorgesetzter ist Julian Clarke, ein alter "Bulle". Der scheint streng aber gerecht zu sein. Hat mich gleich in eins seiner Fahndungsteams eingeteilt. Zana Ulyssin, eine Afrikanerin hat die Leitung und da sind noch Lionell Lefabre und eben jener Stenton, die beide Europäer sind. Die drei arbeiten schon über zwei Jahre zusammen, ihr letzter Partner hatte nach einem Unfall seinen Dienst quittiert.

Generell ist das Sicherheitsteam ein ziemlich bunter Haufen, wir haben auch eine riesige Bandbreite von Aufgaben, vom Kontrollieren der Identicards bei Neuankömmlingen bis zur Spurensicherung bei Tötungsdelikten.
 

13. August 2250
Diese Dinnerparty war ja der totale Reinfall. Erst wollte so ein Bekannter von meinem Bruder mich über meine Gesinnung ausquetschen. Was soll ich da sagen . . .Politik war noch nie meine Sache. Ich kam mir vor wie auf einer Prüfung, bei der ich noch nichtmal weiß worum es geht. Ich hab ihm nur gesagt, daß ich eine solche Ausfragerei nicht schätze und er mich bitte in Frieden lassen soll. Woraufhin er ziemlich beleidigt abgezogen ist.

Überhaupt diese Leute, aufgestylte Idioten, die nichts können als mehr oder weniger kluge Sprüche klopfen aber vom Leben da draußen keine Ahnung haben. Ich habe meine Zunge nicht so im Zaum gehalten wie mein Brüderchen es von mir erwartet hatte, aber was lädt er mich auch zu so einer Gesellschaft ein?

Na ja, immerhin war ich höflich - bis dann dieser schleimige Typ versucht hat mich anzubaggern - so'n echter Ekelhaufen. Nicht mal so unbedingt vom Aussehen her, auf 'nem Foto hätte man ihn vielleicht noch ganz annehmbar finden können, aber diese Haltung und die Gestik und was er so gesagt hat - zum Davonlaufen.
Also, dieser Kerl ließ dann nicht mehr von mir ab - konnte einfach kein "Nein" hören, bis er dann einen Johanisbeerlikör über seinem cremefarbenem Seidenjacket hatte - so ganz aus Versehen natürlich. Yoshisada war ganz außer sich - mit dem Typen fast noch schleimiger (da mußte man echt aufpassen, wo man seine Füße hinsetzen wollte, damit man auf der Sauerei nicht ausgerutscht ist . . .), und mit mir, nachdem wir die Schleimschlacht verlassen hatten, fast schon handgreiflich - da hat er doch tatsächlich auf offenem Korridor die Hand gegen mich erhoben, wie in den guten alten Zeiten!
Dieser Scheißkerl - diese Scheißfamilie - und ich habe gedacht, ich hätte das alles endlich hinter mir gelassen.

In meinem Quartier habe ich mich erstmal eine halbe Stunde geduscht, um dieses ekelhafte Gefühl von der Haut zu kriegen.
Ach ja noch eine gute Nachricht, meine Team-Partner haben mich zu einem Streifzug durch die hiesigen Kneipen und Nachtlokale eingeladen - zum besseren Kennenlernen!
 

17. August 2250
Vorgestern waren wir unterwegs - die ganze Nacht, bis morgens um sieben - entgegen meinen geheimen Befürchtungen habe ich mich prächtig amüsiert. Meine Kollegen sind schon in Ordnung.

Lefabre ist ein Quatschkopf, einer der eigentlich immer Scherze - meistens auf anderer Leute Kosten - zu machen scheint; das hatte ich schon während unseres Dienstes bemerkt, aber nach Dienstschluß legt er scheinbar noch einen Zahn zu. Manchmal nervend und auch unter der Gürtellinie, aber nicht bösartig. Und die Mädchen scheinen ihn genauso zu mögen, wie er sie; er hatte in jeder Bar mindestens zwei mit denen er angebandelt hat.

Stenton ist eher schweigsamer . . .
Ulyssin nimmt auch keine Hand vor den Mund, mit ihr bin ich echt gut klar gekommen. Sie kommt aus Afrika, aus dem Süden und ist dort aufgewachsen mit Elefanten und Gazellen und Löwen und so. Eine Zulu, das ist einer der letzten Stämme, die noch relativ autark geblieben sind. Sie war Groundpounder vor und auch noch zu Beginn des Krieges, ist dann aber, aus ähnlichen Gründen wie ich, noch vor dem "Sieg" zu den Sicherheitskräften übergewechselt.

Die Situation hier auf den Stationen scheint ja mehr als chaotisch zu sein. Es gibt jede Menge organisiertes Verbrechen, Schutzgelder, Mädchenhandel und Prostitution, Rauschgift noch und nöcher, Gewalttaten im Überma? und Korruption - vielleicht sogar bis in die höchsten Etagen. Der Sicherheitsdienst ist total überlastet.

Na dann viel Spaß!
 

23. August 2250
Heute habe ich Sarah-Lee getroffen! Von allen Menschen ist sie diejenige, die ich am wenigsten erwartet hatte. Wir haben gleich alles stehen und liegen lassen - war etwas peinlich, ich hatte nämlich geraden eine Festnahme gemacht, und der wäre mir beinahe durch die Lappen gegangen. Aber Stenton hat aufgepaßt und ihm ein Bein gestellt.

Ja, Sarah-Lee, seitdem ich die "Washington" verlassen habe, habe ich nichts mehr von ihr gehört - obwohl, das stimmt nicht ganz, so ab und zu gabs immer mal Grüße, im Bordcomputer meiner Starfurys - Die Cybergötter alleine wissen, wie sie das geschafft hat; sie ist schon ein begnadeter Hacker.

Sie arbeitet hier in der Cybertechnic, wo denn sonst. Wir werden uns in einer Stunde in einem der ausgeflippteren Lokale treffen. Das war natürlich ihr Vorschlag. Stenton hat mich gewarnt, ich solle dort besser nicht hingehen, das könnte Ärger geben. Manchmal glaub ich er traut mir nicht viel zu.
 

11. September 2250
Hier ist die Hölle los, es ist eine neue Droge auf der Station aufgetaucht - Dust - das ist ein echtes Teufelszeug! Wirkt normalerweise wie ein Halizunogen das einfach "nur" sehr süchtig macht. Bei manchen Benutzern jedoch aktiviert es das latente Telepathiegen. Damit werden die quasi zu Blitztelepathen, die sich im Geist eines anderen austoben können. So eine Art geistige Vergewaltigung.

Wir haben gerade die ersten Opfer gehabt - Leute, die in einen tiefen Schock fallen, weil sie telepathisch überfallen wurden. Die liegen dann erstmal einige Tage auf Medlab und brauchen noch Wochen danach, sich oberflächlich zu erholen - die meisten gehen dann aber noch in Therapie - auf Jahre. Manchmal landen auch einige User im Medlab - die haben dann die gestohlenen Erlebnisse nicht verarbeitet - oder wir sammeln die Trümmer auf, wenn jemand ausrastet, weil er nicht klarkommt.

 Auf der Erde kennen sie das Zeug schon etwas länger, es scheint sich nach einer Weile zu beruhigen . . .

Es wurde ein Sonderkommando gebildet, um herauszufinden, wer das Zeug auf die Station bringt, und wer es verkauft. Bislang tappen wir aber noch total im dunkeln.
 

27. November 2250
Yoko ist gestorben!
Ihr Anwalt hat mir geschrieben, ich solle zur Testamentseröffnung kommen. Da werden sich meine lieben Verwandten aber freuen . . . Ich hoffe, ich kann Vater aus dem Weg gehen! In zwei Tagen ist die Beerdigung, da geh ich hin.
Das bin ich ihr schuldig, das wenigstens einer da ist, der sie aufrichtig geliebt hat. Nachdem sie sich von diesem brutalem Schwein Jakio hatte scheiden lassen, war sie ja auch, genauso wie ich, bei der Familie unten durch gewesen.

Clarke hat mir freigegeben, bis ich meine Angelegenheiten erledigt habe - der ist schon in Ordnung, unter seinem Stachelpanzer.

Vielleicht hätte ich mich mehr für sie da sein sollen. Ich hab zwar oft geschrieben, aber das ist auch nicht so das Wahre. Sie wollte mich hier auf Io besuchen, nächstes Jahr im Februar. Verdammt noch mal, wer hat schon mit so was gerechnet - sie war doch erst fünfundfünfzig! wie kann sie da so einfach wegsterben?

 Krank sei sie geworden, fast drei Wochen im Hospital; warum hat mich niemand informiert? Ich wäre doch hingefahren. Wieder jemand der gegangen ist, ohne daß ich mich verabschieden konnte!
 

7. Dezember 2250
Sie hat mir alles vermacht! Alles, was nicht irgendwie an die Familie gebunden war -
1.500.000,- credits Barvermögen, das Haus samt Inhalt, der Wagen - die Katana - das Gesicht meines Vaters hätte man filmen sollen - und Yoshisada erst!
Daß sie ihm das Schwert unserer Mutterlinie vorenthalten hat, wird er ihr nie verzeihen, wo Vaters Familie ihre, nach der Niederlage 1945, an die Engländer ausgeliefert hatte - er hat Yokos Namen verflucht.
Jetzt hängt das gute Stück in meiner Kabine über meinem Bett - ist schon eine göttliche Waffe. Der Familienchronik nach wurde sie vom legendären Masamune geschmiedet und soll mindestens fünf Jahrhunderte alt sein!

Ich habe auch nach Yoko's Tagebüchern gefragt, aber ihr Anwalt hat sie laut testamentarischer Anordnung vernichtet. Er hat auch gesagt, daß sie persönlich verboten hat, mich von ihrer Krankheit zu informieren. Sie wollte nicht mehr. Unsere Familie hatte ihr das Leben schwer gemacht, nur die Mizoguschis hatten noch zu ihr gehalten, und die hatten ihr immerhin schon dreißig Jahre gedient. Alle anderen im Ort hatten Angst.

Die Mizoguschis wohnen jetzt auch im Haus und versorgen alles - sie werden dies auch weiterhin für mich tun.

Ich war drei Tage dort - sonderbar, so ohne Yoko. Mir war als ob sie immernoch da ist, ich habe ständig gedacht, da? sie gleich reinkommt, und wir die Teezeremonie abhalten, die sie so geliebt hat.
 

10. Dezember 2250
Wir haben die Nacht durchgemacht, Sarah-Lee, Stenton und ich. Das war ein Besäufnis! Ich kann immernoch kaum den Kopf geradehalten.

Stenton ist echt in Ordnung. Sarah-Lee meint er habe ein Auge auf mich geworfen - ich glaube, sie hat recht. Weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Nachdem mit Jack auch schon der zweite meiner Lover ums Leben gekommen ist, hab ich echt keine Lust mehr auf Männer.

Aber die letzte Nacht war wirklich gut, habe mich schon lange nicht mehr so amüsiert. Im Grunde genommen ging es mir schon eine Weile verdammt dreckig. Ich kann es einfach nicht so gut nehmen, daß Yoko gegangen ist. Sarah-Lee stand dann vor der Tür und hat mich abgeschleppt.

Zuerst hab ich mich bei ihr ausgeweint - nicht buchstäblich, aber immerhin mal drüber geredet. Später kam dann Stenton dazu, der hatte uns gesehen und fragte einfach ganz frech, ob er sich dazugesellen könnte. Die beiden haben mich mit ihrem Galgenhumor aufgemuntert. Und dann ging der Abend erst richtig los . . .
Und nun sitze ich hier mit meinem Kater und schwöre mir, nie wieder werde ich mich so sinnlos besaufen!
 

12. Dezember 2250
Wir sind ins Dust-Ermittlungsteam beordert worden. Die haben eine Spur entdeckt, ein gewisser Sam Trucker ist scheinbar ein größerer Lieferant. Den überwachen wir gerade. Clarke meinte ich solle im Hintergrund bleiben, weil die mich hier noch nicht so gut kennen.

Dieser Trucker ist eine üble Nummer! Mädchenhandel, Zuhälterei, Rauschgift, Schutzgelder - was das Verbrecherherz begehrt. Er besitzt ein Tanzlokal, das "Dreamvalley", im Rotlichtbezirk - wobei, eigentlich gibt es  sowas natürlich hier auf Io nicht . . .

Na ja, Ulyssin ist jedenfalls ganz glücklich. Sie wollte unbedingt in dieses Team. Hat gekämpft wie eine Löwin. Clarke wollte eigentlich auch uns, aber ihm waren die Hände gebunden - sein Chef wollte nur bestimmte Leute dabeihaben, und uns nunmal nicht. Aber nachdem die Anderen nicht richtig weiterkamen, und es Ulyssin's Informanten waren, die uns auf die Spur von Trucker brachten, konnte uns niemand mehr da raushalten.

Clarke hat uns gewarnt, das sind scheinbar wirklich böse Jungs, denen wir da auf die Spur kommen wollen, die würden noch nicht mal vor Polizistenmord zurückschrecken. Na ja, er ist schon etwas paranoid - aber immerhin um unser Wohl besorgt.

Jetzt haben wir intensiven Dienst. Stenton und ich gehen in den Laden, um Beobachtungen zu machen, zwei von den anderen fangen an, wenn wir gehen - so gegen drei Uhr nachts, da machen die dicht und Ulyssin und Lefabre sitzen tagsüber davor. Ich glaube, wir haben die beste Schicht erwischt.
 

1. Januar 2251
Ich bin mir nicht mehr so sicher, daß unsere Schicht die beste ist, das ist verdammt anstrengend, so jeden Abend in einem Tanzschuppen zu verbringen, kann mir kaum vorstellen, daß jemand das freiwillig macht. Da explodieren einem ja die Sinne!

Wir sind noch nicht viel weitergekommen, obwohl wir langsam den Personenkreis kennen, mit dem Trucker zu tun hat. Das ist ein Typ! Den könnte ich mit wachsender Begeisterung an die Wand klatschen. Der hat ein paar Mädchen, die sind blutjung! Wie der mit denen umgeht, selbst in aller Öffentlichkeit, das schreit zum Himmel. Und die lassen sich das auch noch gefallen.

Gestern Abend hat eine von ihnen, Nyria, ihn mit irgendwas verärgert. Da hat er sie nicht nur geschlagen, er hat sie gezwungen, ihm die Schuhe abzulecken, und dann hat er ihr die wenigen Kleider, die sie anhatte vom Leib gerissen, und sie mußte tanzen und sich begrapschen lassen - das hat ihm dann tierisch gut gefallen. Schließlich hat er sie einem von seinen Bullyboys geschenkt, der hat sie dann aus dem Laden geschleift.

Ich hinterher - draußen hab ich mir den Typ gekauft, der war total überrascht. Wenn Stenton nicht dazwischen wäre, hätte ich ihn zu Brei geprügelt. Klar, das war auch nicht fair, weil eigentlich hätte es Trucker treffen sollen, aber der Typ hatte es bestimmt verdient.

Dem Mädchen hab ich meine Jacke und etwas Geld gegeben, die war total fertig.

Stenton war stinksauer. Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt. Er hat eine Ablösung angefordert und mich heimgeschleift. Dort hat er mir dann eine Standpauke gehalten. Ich hätte die ganze Aktion gefährdet, wir dürften uns nicht enttarnen etc. Ich hab ihm nur gesagt, daß ich als Privatfrau gehandelt habe, und uns außerdem kein Mensch bemerkt hat . . . abgesehen von dem geschlagenem Schläger, und der hat bestimmt kein Interesse irgendwem zu erzählen, daß er von einer kleinen Japanerin verprügelt worden sei.

Es war ein riesen Krach! Jetzt weiß ich auch nicht mehr, was in mich gefahren ist, ich bin einfach ausgeflippt. Bin auf Stenton losgegangen, der hatte seine helle Not mich zu bändigen. Irgendwann bin ich aber zusammengeklappt und hab mich ausgeheult - da hat er mich einfach im Arm gehalten.

Scheiße ist mir das jetzt peinlich!
 

8. Januar 2251
Wir hatten eine Aussprache, unser kleines Team. Stenton hat offiziell nichts weitergemeldet, aber den beiden anderen erzählt, was ich mir geleistet habe. Ich hatte mit weiteren Standpauken gerechnet, aber es lief anders. Stenton hat sich einfach tierische Sorgen um mich gemacht. Er meinte daß ich mich in wahnsinnige Gefahr begeben habe. Dieser Schlägertyp könne jetzt Rachegedanken hegen, und mir, als Privatfrau, irgendwo auflauern, um mich umzunieten. Irgendwie hat er ja auch recht; Stenton meine ich. Ich war leichtsinnig, emotionell und unüberlegt!

Die anderen konnten es auch kaum fassen - unprofessionelles Handeln . . . Da hat mich Stenton überraschenderweise in Schutz genommen, die waren ja nicht dabeigewesen, und sowas muß man erstmal erlebt haben.

Jedenfalls haben wir jetzt die Tagesschicht. Und wir sind per du, Gregory und ich.
 

26. Januar 2251
Zana und Lionell, auch wir sind inzwischen mehr als nur Kollegen, haben ein paar Kleindealer als Informanten angeworben. Leute, die nur zwei oder drei Stufen von Trucker entfernt sind. Das ist eine ganz schöne Leistung.

Den Typ aus der Silvesternacht haben sie festgenommen - Drogenbesitz, Verstoß gegen das Waffengesetz, Widerstand gegen die Staatsgewalt. Bin ganz froh, daß der jetzt ausgeschaltet ist. Wir haben auch ab und zu wieder Dienst im "Dreamvalley", wie schaukeln nun die Dienste. Immer nur ein paar Nächte drinnen, dann ist wieder jemand anderes dran. So ist das ganze besser zu ertragen.

Mein Brüderlein hat sich übrigens bei mir entschuldigt, das ist doch kaum zu glauben! Für sein Verhalten im August, daß er mich angegriffen habe, sei nicht korrekt gewesen, er sei ihm einfach nicht klargewesen, daß ich nun eine erwachsene Frau sei. Und natürlich könne ich tun und lassen, was ich wolle. Er habe sogar gehört, daß ich gute Arbeit beim Sicherheitsdienst leiste, und wünsche sich ein besseres Verhältnis zu mir.

Das ist doch ein ganz schöner Hammer!
 

22. Februar 2251
Gregory meint es wirklich ernst mit mir. Der ist vielleicht hartnäckig! Ich hab versucht, ihn hinzuhalten, ihn angelogen, ich würde mir nichts aus ihm machen - er kaufts mir einfach nicht ab. Ich glaub er spürt genau, daß er mich tierisch anzieht. Gestern am Valentinstag hat er mich zur Rede gestellt. Wollte wissen, warum ich mich so winden würde - ich konnte es ihm nicht sagen.

Ich meine, es ist doch verrückt, Angst zu haben, daß ein Mann sterben wird, wenn man sich mit ihm einläßt, oder nicht? So was kann ich ihm doch nicht erzählen. Aber das ist, so sehr ich mich dafür schäme, meine Angst. Was mach ich nur damit?

Mit Zana habe ich mal darüber gesprochen. Wir können ja gut miteinander. Aber ich glaube, sie hat's auch nicht verstanden. Vom Kopf her weiß ich natürlich auch, daß das Quatsch ist, daß damals Krieg war und es eigentlich ein Wunder ist, daß ich noch am Leben bin! Aber für mein Herz zählt das alles nichts. Da sitzt einfach nur diese Angst, wenn immer ich Gregory sehe . . . ich stürze mich halt in die Arbeit.

Ich hab mich entschlossen, ich will so nicht mehr verlassen werden. Lieber bleibe ich alleine!
 

29. März 2251
Als Clarke uns zu Anfang dieser Geschichte sagte, wir sollen vorsichtig sein, und die wären zu allem fähig, da haben wir ihn alle für übertrieben ängstlich gehalten. Damit ist es jetzt vorbei.
Die haben quasi postmortem einen von Zana's Informanten im ihrem Schlafzimmer deponiert - oder besser gesagt, was von ihm übrig war. Er war nach allen Regeln der Kunst gefoltert worden. Was immer er gefragt wurde, hat er mit Sicherheit gesagt. Zana scheint ganz gelassen damit umzugehen, aber das nehme ich ihr nicht ab.
Auf jeden Fall herrscht jetzt Alarmstufe Rot.
 

23. April 2251
Mein Brüderlein war gestern da und wollte mich zum Essen ausführen - ich habe ihm einen Korb gegeben. Ich bin mir nicht so sicher, was er mit der Einschmeichelei bewirken will. Vielleicht hat es was mit meiner Erbschaft zu tun. Ich werde mich jedenfalls von ihm nicht einwickeln lassen!
Gregory will mich heiraten - er hat richtig klassisch um meine Hand angehalten. Ich habe nein gesagt. Verteile jede Menge Körbe im Moment. Vielleicht sollte ich mich versetzen lassen.
 

17. Mai 2251
Wir stehen echt auf dem Schlauch. Nach der Sache mit dem Typ in Zana's Schlafzimmer will keiner mehr mit ihr reden. Kann ich ihnen eigentlich nicht verdenken. Trucker ist schon seit Jahresanfang nicht mehr in seiner Spelunke aufgetaucht. Die einzige gute Nachricht ist, daß Gregory Kontakt zu Nyria bekommen hat, sie ist das Mädchen, wegen der ich damals so ausgerastet bin. Sie ist wieder mit Trucker zusammen - Gott weiß warum! Obwohl wenn ich ganz ehrlich mit mir bin, kann ich sie schon verstehen.

Immerhin war meine Beziehung mit Jack damals auch ähnlich - und ich hätte es nie geschafft, ihn zu verlassen. Klar, er ist nie so extrem mit mir umgesprungen, aber da sind schon üble Sachen gelaufen; ich mag mich gar nicht mehr daran erinnern.

Ich habe mit Zana gesprochen. Über meine Versetzungsgedanken. Sie hat mir sehr davon abgeraten. Ich würde nur einer Situation ausweichen, die anderswo genauso wieder kommen würde - oder sogar schlimmer. Sie wollte wissen, warum ich nicht endlich ja sage, anstatt immerfort abzuhauen.

Sarah-Lee ist der gleichen Meinung. Sie hatte Jack mal kennengelernt und hielt weniger als nichts von ihm. Gregory findet sie Klasse. Hat mir gestanden, daß sie selbst versucht hat, mit ihm anzubandeln - aber ohne Erfolg. Er wollte noch nicht mal unverbindlich was mit ihr anfangen, das wäre nicht seine Sache. Das konnte sie gar nicht verstehen - sie hat sonst nie Schwierigkeiten, einen Mann zu betören.

Da hat sie mir tüchtig den Kopf gewaschen, ich wäre bescheuert, so einen Mann stehenzulassen, . . . Die kapieren einfach nicht worum es mir geht.
 

3. Juni 2251
Endlich mal eine Spur! Seit zwei Wochen ist Trucker wieder da. Wir beschatten ihn jetzt Tag und Nacht. Nyria hat Gregory eingeweiht, das eine Lieferung kommen soll - sie will scheinbar doch ihre Rache am großen Boß nehmen. Wenn sie näheres weiß, will sie sich bei ihm melden.
 

24. Juni 2251
Es ist wieder passiert . . . Sie sind alle tot. Gregory, Lionell, Zana, Romanov und noch drei andere deren Namen ich nicht weiß. Und ich bin mal wieder mit ein paar Kratzern davongekommen. Wurde heute aus Medlab entlassen.

Vor genau vierzehn Tagen ist es passiert. Wir sind in einen Hinterhalt gelatscht - wie die Anfänger! Nyria wollte uns zu der Lieferung führen. Es ging alles viel zu schnell. Wir haben noch Verstärkung angefordert aber die ist erst viel zu spät eingetroffen. Das Mädchen und Gregory hat es zuerst erwischt.

Er war sofort tot. Dann haben wir uns verschanzt - doch es war ziemlich aussichtslos. Sie haben uns einem nach dem anderem abgeschossen - wie die Jahrmarktsfiguren! Ich konnte mich in einen Wartungsschacht fallen lassen, wo sie mich dann nicht aufgestöbern konnten. Da lag ich dann Ewigkeiten. Warum hat nur die Verstärkung so lange auf sich warten lassen?

In mir ist alles tot.

Es sind schon wieder alle um mich herum getötet worden, außer mir. Was mache ich da nur?
 

26. Juni 2251
Ich wollte heute morgen meinen Dienst wieder aufnehmen, und weitermachen, aber Clarke hat mich von dem Fall abgezogen. Ich wäre zu sehr persönlich betroffen. Das gibt mir den Rest. Was kann ich denn noch tun, außer die Schweine drankriegen, die meine Freunde auf dem Gewissen haben?

Er hat mich bis auf weiteres beurlaubt, sagte ich solle mich mit dem Psychologen treffen, ich habe ein Trauma erlitten, daß ich bewältigen müsse, bevor ich weitermachen könne.
 

7. Juli 2251
Es ging mir total beschissen, ich bin aus der Vorwurfsmühle einfach nicht mehr rausgekommen, habe gefürchtet meinen Verstand zu verlieren. Beim Psychologen war ich nur einmal - das war der Typ von Yoshisadas Dinnerparty - da bin ich keine drei Minuten geblieben.

Glücklicherweise ist Io eine der wenigen Stationen, auf denen es einen buddistischen Tempel gibt. Da bin ich vor acht Tagen hin, zu Hause war das auch immer ein guter Ort, um mit meinem persönlichen Wahnsinn ins Reine zu kommen.

Man hat mir gesagt, daß sich die Seele mit Selbstvorwürfen vor Trauer schützt. Wenn sich bestimmte Dinge im Leben wiederholen, so sei es die Aufgabe der Seele, neue Wege zu finden um damit umzugehen. Wenn ich meine Kraft wiederfinden wolle, müsse ich mich damit auseinandersetzen, daß die Anderen unwiderruflich gegangen seien.

Ich blieb für ein paar Tage dort, meditierte um der Trauer Raum zu geben - aber je stiller ich wurde, um so heißer brannte der Haß auf die Mörder meiner Freunde. Kein Schmerz, keine Tränen, nur diese unbändige Wut. Ich will Rache! Ich will Trucker bluten sehen, ihn festnageln, demütigen, vernichten!

Jetzt war ich nochmal bei Clarke. Aber er will mich nicht in die Ermittlungen einsteigen lassen. Meint es wäre zu gefährlich, ich wäre noch zu neu in der Branche, und er wolle mich nicht auch noch verlieren. Ist ja schrecklich nett von ihm, aber ich werde mich nicht aufhalten lassen.
 

9. Juli 2251
Ich habe einen Plan! Morgen verlasse ich die Station. Sarah Lee wird mir helfen.

Zuerst wollte sie nicht. Sagte es sei ein unmöglicher Plan, viel zu verrückt und gefährlich. Dann wurde ihr klar, daß sie mich mit ihrer Weigerung nicht davon abhalten würde, das zu tun, was ich vorhabe, und daß es ohne ihre Mithilfe nur wesentlich gefährlicher für mich würde.
Jetzt macht sie mit.

Sie wird den Stationscomputer manipulieren, so daß es aussieht, als ob Taeko Tokugawa die Station verlassen hat, um sich in ihr Haus auf der Erde zurückzuziehen.In Wahrheit werde ich nach Proxima III reisen, und dort als Toniko Tokugawa ein Büro kaufen. Das wird dann die Basis für meine Geschäfte sein. Sarah Lee meinte, sie könne das so arrangieren, daß es aussieht, als ob das Büro schon seit einiger Zeit existiert. Später werde ich als Toniko Tokugawa wieder auf der Station ankommen.

Jeder der Erkundungen über Toniko einziehen will, wird feststellen, da? sie nicht am 22. November 2227 gestorben ist, sondern auf Proxima III ihren Wohnsitz hat, und dort eine kleine lukrative Import/Export Firma betreibt.

Ich habe das Vermögen, daß Yoko mir vermacht hat, auf ihren Namen umschreiben lassen. Sie besitzt außerdem eine gefälschte Identicard, die auf den Namen "Jane Yamazuko" lautet. Unter diesem Namen wird sie Kontakt zu der hiesigen Drogenszene aufnehmen, um dauerhafte Geschäftsbeziehungen für Lieferungen nach Proxima III aufzubauen.

Wir haben uns für Proxima III entschieden, weil Sarah Lee dort gearbeitet hat, und das Computernetz in und auswendig kennt. Außerdem hat sie eine Bekannte, Nadja Peronne, die einen Raumtransporter hatte, der allerdings vor ein paar Monaten zerstört wurde. Ich werde ihr anbieten, für mich das Geschäft aufzubauen. Sarah Lee hat mir versichert, daß Peronne zuverlässig und kompetent ist. Dann habe ich jemanden, der sich in der Branche auskennt.

Sarah Lee wird mir die zwei gefälschten Identicards besorgen. Ich kann von Glück sagen, daß sie so gute Kontakte hat. Das mit Toniko kann sie auch arrangieren - keine Ahnung wie, aber ich kann mich auf sie verlassen.
Sarah Lee hat gesagt, daß das alles keiner außergewöhnlich gründlichen Untersuchung wiederstehen wird, aber jede andere Prüfung ohne Probleme verlaufen sollte.
 

15. Juli 2251
Es ist ein komisches Gefühl, mit kurzen Haaren. Neu eingekleidet habe ich mich auch. Jetzt begrüße ich meine Zeit im "Dreamvalley". So habe ich immerhin eine Ahnung, was man so trägt, und wie man sich in solchen Kreisen verhält.

Wenn nun meine Freunde mich sehen könnten, ich glaube selbst Gregory hätte Schwierigkeiten mich wiederzuerkennen. Fällt sogar mir schwer, wenn ich in den Spiegel schaue.

Ich war sehr vorsichtig. Bezahlt habe ich alles in bar, damit nichts über die Karte zurückverfolgt werden kann. Habe mir ein Zimmer angemietet, nichts übermäßig großes, aber auch keinen Schrott. Ganz unauffällig in der Komerzabteilung der Station. Ich werde mir noch einen Assistenten/Bodyguard anmieten, nur um nicht so aufzufallen. Das ist nämlich in gewissen Kreisen so üblich.

Jetzt bin ich über meine Erbschaft sehr froh, sonst hätte ich diesen Plan nicht verwirklichen können. Allein die Vorbereitungsphase hat mich schon fast hundertdreißigtausend credits gekostet. Und das war erst der Anfang. Heute Abend ziehe ich mal los - vielleicht noch nicht gleich ins "Dreamvalley", Toniko/Jane kennt sich ja hier noch nicht so aus . . .
 

20. Juli 2251
Contact! ich bin nun im "Dreamvalley" angekommen. Habe einen Typ namens Charly als meinen Begleiter angeworben. Der Kerl ist ein ziemlicher Schrank, den habe ich in einem Fitnesscenter aufgetrieben. Arbeitsloser Dockarbeiter, kennt sich in der Scene hier auf Io recht gut aus.
Habe einen Kleindealer gefunden, der mir schon so ein paar Kostproben Koks verkauft hat. Ich werde wahrscheinlich nicht darum herum kommen, das Zeug zu nehmen - wer hätte das gedacht, ausgerechnet ich und Drogen!
 

5. August 2251
Eine Stufe weitergekommen. Ich lasse es langsam angehen. Gestern habe ich eine gewisse Lydia kennengelernt, bin am 7. zu einer Party eingeladen, da soll angeblich auch Trucker zugegen sein.
Vor fünf Tagen habe ich das erste Mal Koks genommen. Ist ganz schön heftig das Zeug! Als ob meine Wahrnehmung auf 200% gesteigert wurde. Ich kann es immernoch nicht glauben, da? so etwas möglich ist. Kein Wunder, da? da viele so sehr drauf abfahren! Ich wollte es erstmal für mich alleine ausprobieren, nur um dann im Ernstfall vorbereitet zu sein.
Ich habe bei Lydia 50 g bestellt, eine Kostprobe, um zu sehen wie unsere Geschäfte laufen können.

Ab und zu treffe ich mich mit Sarah Lee, in einer ihrer Stammkneipen. Ich mache Aufzeichnungen von den wichtigsten Treffen und Informationen, die ich habe. Die bewahrt sie für mich auf. Au?erdem muß ich als Taeko auf Japan verschiedene Nachrichten beantworten und überhaupt auf dem Laufendem bleiben. Sarah Lee erledigt das meiste für mich und was sonst noch kommt, daß regeln wir auf den verschiedenen Treffen.

Die Mizoguschis haben wir zumindest teilweise eingeweiht. Sie wissen natürlich daß ich nicht in dem Haus bin, und sie sorgen dafür, daß das nicht rauskommt. Was teilweise gar nicht so einfach zu sein scheint. Ist schon interessant, was einem für Leute sehen wollen. Aber offiziell bin ich in einem Retreat, das respektiert jeder in Japan.

Später in der Woche fliege ich nach Proxima III, um dort nach dem Rechten zu sehen. Ich werde auch versuchen einen Transporter zu finden, der mir gewisses Kargo dorthin liefert - nur zum Schein natürlich. Es ist ganz schön anstrengend, dieses Geschäft glaubwürdig darzustellen. Ich komme nicht darum herum, gewisse Dinge zu lernen. Ich bin heilfroh, daß ich Peronne habe, die hat echt Ahnung von dem Geschäft. Da laufen schon jede Menge Transaktionen.
 

9. August 2251
Habe Trucker gesehen auf der Party - von mindestens drei verdächtig jung aussehenden Mädchen begleitet; von kriechenden und schleimenden möchtegern Freunden umgeben. Ist schon ein imposanter Charakter. Ich habe nicht mit ihm gesprochen, aber er hat mich bemerkt. Der ist mir richtig unheimlich. Wie der mich angeschaut hat, ich kam mir vor wie . . . weiß nicht wie ich das beschreiben soll.

Die Party war der totale Wahnsinn - und das auch noch auf Koks. Da sind Sachen abgegangen, die wären selbst für normale Sinne nur schwer zu ertragen gewesen. Ich habe mich zwischendrin zurückziehen müssen, um es auszuhalten.

Es ist eine eigenartige Erfahrung, in der "Szene" mitzumischen, quasi als Jäger unter Wölfen, ihre Bräuche kopierend, ihre Sprache sprechend.
Inzwischen bin ich dankbar, daß ich Charly habe. Der hat mir einige zudringliche Nasen vom Leibe gehalten. Und ich bezahle ihn dafür - ein angenehmes Arrangement.
 

22. August 2251
Bin jetzt an Trucker dran. Hab mich ein paar mal mit ihm unterhalten, er hat großes Interesse an einer Zusammenarbeit. Meine Tarnung ist scheinbar dicht. Ich bin sicher, er hat mich überprüfen lassen, bevor er persönlich mit mir in Kontakt getreten ist.
Ich spiele das "Geschäftsfrau sucht Einkaufsmöglichkeit für potentiellen Außenmarkt"-Spiel. Er hat angebissen.

Er hat angedeutet, daß es ein Dust-Labor auf Io gibt. Das gibt der ganzen Sache eine neue Perspektive. Wir haben immer danach gesucht, wie er das Zeug auf Io bringt - wenn er es aber hier herstellt, dann ist es kein Wunder, daß wir nicht fündig wurden. Aber wo kann so ein Labor sein? Und wer deckt es?

Vorgestern habe ich Clarke in seinem Privatquartier besucht. Der war vielleicht sauer! Erst hat er hat mich beinahe erschossen, weil er mich nicht wiedererkannt hat, und dann hat er getobt wie noch nie. Ich versuchte ihm zu erklären warum ich das tue, aber er zeigt kein Verständnis.
Dann hab ich's aufgegeben, ihn überzeugen zu wollen, und ihn einfach vor die Wahl gestellt, mich auffliegen zu lassen, mich zu ignorieren oder mir zu helfen. Ich habe ihn fast die ganze Nacht bearbeitet, erläuterte ihm, was ich schon so alles herausgefunden habe, und zu welchen Leuten ich Kontakte geknüpft habe, um ihm die Sache schmackhaft zu machen. Schließlich ist er weich geworden.

Er hat mich gewarnt, Trucker wird weiterhin überwacht, und wenn mich da irgendwer erkennt, dann komme ich in Teufels Küche. Wenn ich enttarnt würde, wäre mein Leben verwirkt, wahrscheinlich auf die unangenehmste Art. Mit den Erfolgen der offiziellen Ermittler ist er nicht zufrieden, das geht ihm alles zu schleppend. Es ist sehr gut möglich, daß wir einen Maulwurf in unseren eigenen Reihen haben. Das habe ich schon lange vermutet.

Letztendlich gab er nach - es gibt aber nicht viel, was er für mich tun kann. Wenn er mich offiziell beauftragt, undercover zu operieren, können auch andere Zugang zu dieser Information finden. Daher kann er offiziell nichts machen, hat mir aber zugesichert, daß er meine Doppelidentität nicht preisgeben wird, und Taeko auch nicht zum Dienst zurückberufen wird, bevor ich meinen Job hier erledigt habe.

Er glaub allerdings nicht, daß ich viel Chancen habe, gerichtsfähige Beweise zu finden. Er ließ mich in die Akten der Sicherheitsleute einsehen, die die Ermittlungsarbeiten gegen Trucker führen. Mit einem von ihnen  habe ich mal einen Abend lang gesumpft . . . Zwei andere hängen ab und zu im "Dreamvalley" rum. Aber die sind noch lange noch nicht so präsent dort wie wir es waren - als ich noch mit Dienstmarke unterwegs war.

Kurz bevor ich gegangen bin, hat er mich gefragt, ob ich noch clean wäre - darauf konnte ich ihm einfach keine Antwort geben . . .
 

26. August 2251
Heute wäre ich beinahe erwischt worden. Von meinen eigenen Kollegen. Wenn Clarke mir nicht die Akten gezeigt hätte, hätten sie mich bestimmt erwischt. So konnte ich sie von Weitem erkennen, und irgendwas an ihrem Anmarsch hat mich gewarnt. Wäre nicht gut gewesen, ich war voll auf Koks, und hatte noch bestimmt 20g in der Tasche. Muß vorsichtiger sein!

Ach ja, mit Lydia habe ich eine Art Freundschaft aufbauen können. Sie hat mich vor Trucker gewarnt, er wäre ein sadistischer Psychopath und ich wäre besser dran, wenn er mich nicht bemerken würde. Sie ist eine interessante Frau. So ganz anders als jeder, mit dem ich bisher zu tun hatte. Knallhart und zynisch, kriminell bis in die Wurzeln; und doch hat sie ihre eigenen Moralvorstellungen, und ist eine gute Freundin.

Wir sprechen nicht über die Vergangenheit, was mir natürlich auch recht ist - ich glaube da würde ich ins Schleudern kommen, wenn ich mir das aus den Fingern saugen müßte. Ich habe mir natürlich, ganz für mich, eine Geschichte zurechtgelegt. Aber ob ich die frei erzählen könnte, ohne den Faden zu verlieren, darauf möchte ich es nicht ankommen lassen.

Was mir wirklich Sorgen bereitet, ist das ich mich gut an den Koks-Konsum gewöhnt habe. Nehme inzwischen auch schon Barbiturate, um besser schlafen zu können - wenn ich ganz ehrlich bin, gefällt mir das besser, als mir lieb ist! Jetzt unterhalte ich mich wenigsten in meinen Träumen nicht mehr mit den Leichen - zum ersten Mal seit ich die Washington verlassen habe. Verdammt, hoffentlich komme ich hier heil wieder raus.

Ich habe so ungefähr 200g Koks an Clarke geschickt. Verstecken wollte ich's nicht, es könnte ja gefunden werden. Und wie ich's vernichten könnte war mir nicht eingefallen.  Soll er sich damit herumärgern.
Mein Brüderchen ist zurück in die Heimat gereist, wurde vom unserem Vater zurückgerufen, um irgendwelche Probleme im Geschäft zu lösen. Ich bin ganz froh darum, jetzt muß ich mir keine Sorgen mehr machen, er könne meine Tarnung platzen lassen, falls wir uns mal zufällig begegnen.
 

5. September 2251
Das Universum kann sprechen . . . nicht nur Menschen, auch die Tiere und sogar die Pflanzen . . . ich kann sie murmeln hören, sie flüstern in meinem Geist, fürchten sich, wenn ich hier durchs Gebüsch gehe, warnen die kleinen Krabbelwesen, winden sich in Schmerzen wenn ich sie zertrete . . . Eine neue Tiefe, Schattierungen, von denen ich keine Ahnung hatte.

Vorhin bei Trucker, da war ein Gebrüll in meinem Hirn, das war kaum auszuhalten. Menschen in Angst und Schrecken, verzerrt und gedämpft . . . Bilder von gieriger Gewalt und Alpträume aus perverser Lust. . . jemand war mir gefolgt, mit Haßgedanken, mit bösen Absichten. Ich konnte spüren, wie sie nach mir gegriffen haben. So etwas furchterregendes war mir noch nie passiert.

Hier im Park ist es schön. Ich kann ein Eichhörnchen sehen - hören?
Es ist unglaublich.
 

9. September 2251
Ich habe mich immer noch nicht ganz erholt. Warum habe ich mich dazu überreden lassen, Dust zu nehmen?
Es fing ganz harmlos an. Ich wollte was kaufen, Trucker fragte mich, für wen ich es erwerben würde. Für einen Freund behauptete ich. Er sagte dann, daß ich es selbst einmal genommen haben mußte, um zu wissen, worum es dabei geht. Ich habe versucht, mich rauszureden , aber Trucker meinte ich wäre ein Feigling, ich würde ihnen allen nur was vorspielen - das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen.

Und nun ist nichts mehr so wie es mal war. Ich kann verstehen warum das Zeug so süchtig macht. Die Welt ist plötzlich so leer, eindimensional, farblos.

Lydia war echt besorgt um mich. Ich bin noch eine Weile dageblieben, aber dann begann Trucker wieder mal eines seiner widerlichen Spiele mit einem von den Mädchen. Er hat immer eine, die er ganz besonders abscheulich behandelt. Zur Zeit ist es Yoniko, eine Japanerin.
Als das losging, habe ich plötzlich gespürt, was sie gefühlt hat, und es hat sich vermengt mit der Gier, der Angst und der Kälte der anderen. Und das war dann zu viel. Ich habe mich rausgeschlichen.

Lydia hat mir später erzählt, daß sie bemerkte, wie ich ging, und mir folgen wollte. Sie selbst hatte noch nie Dust genommen, hatte aber schon einige Freunde dran ausflippen sehen.
Sie ist mir hinterher, etwas später erst, weil sie kein Aufsehen erregen wollte. Dann hat sie mich nicht mehr gefunden. Charly war total fertig in den Seilen gehangen, er hatte auch nichts mitbekommen. Sie hat ihn zusammengestaucht, aber er hat behauptet, jemand hätte ihm etwas in den Drink getan.

Ich glaube ihm das sogar, er bleibt sonst immer nüchtern.
Ich erinnere mich vage, daß mir jemand gefolgt war - aber wer weiß ich nicht. Ich kann mich an kein Gesicht oder Gestalt erinnern, nur an diese Gedanken, an Gefühle so bösartig, daß sie meinen Geist verätzten - es ist mir heute schleierhaft, wie ich entkommen bin. Es war aber nur einer, da bin ich mir sicher. Wer nur?
 

29. September 2251
Ich verbringe meine Tage in Fitnesscentern und vor Lernprogrammen über Geschäftsführung, treffe mehr oder weniger uninteressante Leute, um Schmuggelwege zu erschließen. Ab und zu reise ich nach Proxima III um dort etwas Zeit zu verbringen. Von Nadja kann ich einiges lernen. Da ziehe ich meinen Hut, wie sie das Geschäft schaukelt. Wir haben sogar schon mehrere Mitarbeiter. Ich bin jetzt eine richtige Unternehmerin! . . . Und immer wieder diese nervenaufreibenden Treffen mit Trucker und seinen Companions.

Vor ungefähr einer Woche war ich auf der Erde, um als Taeko Yoshisada zu treffen. Er hatte sich nicht mehr abwimmeln lassen. Ich also mit Perücke - ist schon echt anstrengend das ganze. Er war außergewöhnlich nett (für Yoshisada), wollte sich nur versichern, daß es mir gut geht, und ich die Tragödie gut verarbeite. Irgendwie kommt mir das echt komisch vor, wie er sich plötzlich so freundlich verhält . . . vielleicht meint er es ja ernst, Sarah Lee glaubt, ich wäre zu paranoid, aber sie hat auch meine Familie nicht kennengelernt!

Mit Lydia verbringe ich relativ viel Zeit, aber das ist nicht so einfach, weil sie ständig versucht, mich zu verführen. Ich habe ihr schon klargemacht, daß ich nicht auf Frauen stehe, aber sie lä?t nicht locker. Sie will mich bekehren!

Mein einziger Lichtblick ist Sarah Lee. Aber mit ihr kann ich mich nicht so oft sehen lassen, weil es für sie zu gefährlich werden könnte, mit mir assoziiert zu werden. Habe inzwischen ca 2.5 kg Koks gekauft, die ich dann an Clarke weitergeleitet habe. Offiziell, inoffiziell habe ich das ganze nach Proxima III verschickt.
Trucker rückt keinen Dust raus, Nur ganz winzige Mengen, die nicht der Rede wert sind. Er redet sich raus mit Lieferschwierigkeiten, aber ich nehme es ihm nicht ab. Heute abend will ich mich mit ihm treffen, um nochmal über das leidige Thema zu sprechen. Mein Gefühl ist, das er in eine Organisation eingebunden ist, die ihm Steine in den Weg legt.

Nadja hat mich gewarnt, daß ich auf Proxima Probleme mit den vorhandenen kriminellen Organisationen bekommen könne, wenn ich mich dort in das Geschäft einschalte. Aber ich habe garnicht vor, wirklich mit Drogen zu handeln. Au?erdem habe ich von Clarke die Situation dort überprüfen lassen, und es sind noch kein größeren Drogenprobleme aufgetaucht. Es dürfte also keine nennenswerte Konkurrenz geben.
Manchmal habe ich das Gefühl, das mir das ganze über den Kopf wächst.
 

9. Oktober 2251
Trucker spielt ein seltsames Spiel mit mir. Ich kann mir nicht erklären, was er damit bezweckt. Lydia meint, er wolle mich für seinen Harem gewinnen, aber das kann ich mir nicht vorstellen, er steht ja mehr auf ganz junge Dinger.
Vielleicht reizt es ihn, das er an mich nicht rankommt, das ich unabhängig bin, nicht seiner Organisation angehöre. Er arbeitet für die Yakuza.

Ausgerechnet - an die hat sich noch nichtmal mein Vater rangewagt! Da waren gestern fünf Gestalten aus Japan bei Trucker, das erste Mal, daß ich ihn nicht so großkotzig erlebt habe. Er ist zwar auch nicht am Bauche gekrochen, wie die Anderen, aber er hat sich wesentlich vorsichtiger benommen, als sonst.

Trucker hat mich ihnen vorgestellt, als neue Geschäftsverbindung sozusagen. Einer von ihnen hat mich gleich auf Japanisch ausgefragt. Es war ungewohnt, nach so langer Zeit wieder in meiner Muttersprache zu reden. Selbst mit meinem Bruder hatte ich nicht japanisch gesprochen.

Er wollte alles mögliche über mich wissen, aber ich habe ihnen nichts gesagt. Nur daß ich kaufen möchte und Geld habe, aber kein weiteres Interesse an der Organisation. Das hat ihnen nicht gefallen. Der Kerl hat mir sehr unterschwellig gedroht, von wegen in diesem Geschäft brauche man starke Verbündete . . .
Ich glaube es wird langsam Zeit das ich hier zu einem Ende komme.
 

21. Oktober 2251
Das ganze wächst mir über den Kopf! Gestern Nacht wollte mich einer von den Sicherheitsbeamten, ein gewisser Petrowitsch verhaften! Hatte mich nach einem Treffen mit Trucker's Handlanger abfangen wollen. Er kam einfach aus einem Nebenweg herausgetreten, hat mich angerufen, von wegen ich solle stehenbleiben, er wäre vom Sicherheitsdienst und wolle mich überprüfen.

Charly ist auf ihn zu, um ihn umzurennen, und ich mit Kehrtwendung abgehauen. Da war aber noch einer - den habe ich nicht erkannt. Der hat auf mich geschossen! Glücklicherweise daneben. Ich habe mich nicht beirren lassen, sondern bin weitergerannt. Habe nicht umsonst die Gegend studiert, jetzt kenne ich wirklich gute Fluchtwege.

So bin ich davongekommen. Charly war verschwunden. Ich habe ihn immer noch nicht wiedergesehen; habe erfahren, daß sie ihn verhaftet haben, und noch eine Weile festhalten wollen. Heute morgen schickte ich gleich einen Anwalt zu ihm.

Gestern abend, nach meiner erfolgreichen Flucht, deponierte ich so schnell wie möglich alles Koks und meine Jane Yamazuko Identycard, um danach Sarah Lee zu informieren, nur für den Fall, daß ich zu lange ausbleibe. Dann bin direkt ins zuständige Sicherheitsbüro. Kann mir ja nicht erlauben, als Fahndungsziel hier herumzulaufen; und solange sie mich nicht mit irgendwelchen illegalen Substanzen erwischen, können sie mir nichts.

Das war dann ganz schön heftig in der Höhle des Löwen! Dieser Petrowitsch fiel aus allen Wolken, als ich dort auftauchte. Ich stellte mich als Toniko vor, gab ihnen meine Identycard und sagte, ich hatte vermutet, daß jemand versuchte mich zu überfallen, und sei deswegen geflohen. Natürlich hat er mir das nicht abgenommen. Aber er konnte mir nichts!

Ich habe ihn ohne Ende provoziert. Er hat mich einfach gereizt - so sauber und glatt, wie ich selbst vor noch nicht allzulanger Zeit. Und ich war so breit wie sonstwas.

Sie haben mich durchsucht, aber natürlich nichts gefunden. Er wollte daß ich mich im MedLab scannen lasse, aber ich habe meine Zustimmung verweigert. Als Petrowitsch meinte, sie könnten die Untersuchung auch ohne meine Zustimmung durchführen, habe ich ihn darauf hingewiesen, daß er eine Richterliche Verfügung benötigt, welche er nur bekommt, wenn er harte Beweise gegen mich in der Hand hat.

Das machte ihn natürlich schon mal ziemlich sauer, kein Profi wird gerne von einem Laien zurechtgewiesen. Als das Verhör dann ernsthaft losging, habe ich ihm erzählt, ich sei eine Schriftstellerin. Ich würde mich in dieser Gesellschaft aufhalten, um für einen Roman zu recherchieren. Das hat er mir zwar nicht abgenommen, aber was wollte er machen.

Er hat mich mindestens fünf Stunden verhört, was ich über Trucker wü?te, und wen ich da so gesehen hätte, hat mir Bilder aus der Kartei gezeigt, und sonst versucht, mich so gründlich wie möglich auszuquetschen. Er wollte mich in die Enge treiben, wollte mich dazu bringen, mich zu belasten, aber das ist ihm nicht gelungen. Ich habe schon genug Verhöre auf seiner Seite mitgemacht, um seine Techniken zu kennen und auch zu wissen, was ich sagen darf und was nicht, damit er mich nicht greifen kann.

Mit der Zeit kam ich dann so richtig übel drauf, der Koksrausch ist zu Ende gegangen, der Kater schnurrte schon um meine Beine und ich hatte einfach keinen Nerv mehr, um mich vernünftig mit ihm auseinanderzusetzen. Da begann ich, ihn bis aufs Blut zu reizen, bis ihm irgendwann die Sicherung durchgebrannt ist. Er hat mich gepackt, wie einen Hund geschüttelt und an die Wand geknallt. Ich ließ mich auf den Boden fallen, wo er dann auf mich eingetreten hat. Das haben seine Kollegen mitgekriegt, und ihn - nach einer kleinen Weile - zurückgehalten.

Da war ich dann erstmal wieder relativ nüchtern. Petrowitsch auch.

Ich kauerte mich in die Ecke und hab vor mich hingeblutet, und gar nichts mehr gesagt. Petrowitsch ging hinaus und einer von den Gestalten, die ich auch schon in Truckers Quartier gesehen hatte, setzte sich mit einem Stuhl vor mich hin und erzählte mir, wo er mich schon überall beobachtet habe, und was ich so alles getan hatte. Ich war heilfroh, daß ich beim koksen immer darauf geachtet hatte, daß es von denen keiner mitbekommen hat.

Mir gings total beschissen, war schon total verkatert, so ziemlich alle Körperteile taten mir höllisch weh und in meinem Kopf drehte sich alles. Dieser Typ laberte immer weiter auf mich ein, stellte auch Fragen, versuchte sich anzubiedern, war generell sehr absto?end.
Ich hab ihn einfach ignoriert.

Irgendwann ging die Tür auf und Clarke kam herein. Er beachtete mich gar nicht mal so groß, rief nur den Typen raus, um sich mit ihm zu unterhalten. Kurze Zeit später kam eine junge Frau in grauer Uniform rein, und wollte mit mir zum Medlab - das hat mich dann wieder wach gekriegt. Ich bin aufgestanden, nicht sehr sicher auf den Beinen aber immerhin in der Vertikale, und habe ihr gesagt, daß ich nicht ins Medlab möchte, sondern wenn überhaupt, dann nach Hause.

Da wollte sie mich anfassen, wahrscheinlich nur um mich zu stützen - sie schien eigentlich ganz nett. Ich hab sie sehr förmlich gewarnt, daß ich mich weiterhin weigere, gleich aus welchen Gründen, einen Arzt zu sehen, und daß ich das protokolliert haben will. Und der einzige Weg, mich in ein Medlab zu bringen, wäre, mich bewußtlos zu schlagen.

Da kam Clarke nochmal rein, sah mich traurig an, und befahl ihr, mich zu meinem Quartier zu begleiten, und dafür zu sorgen, daß ich unbeschadet dort ankommen würde. Das war das letzte, was ich dort von ihm gesehen habe.

Jetzt geht es mir echt dreckig. Mein Quartier ist ja sauber, kein Koks, kein Morphin und ich fühle mich als wenn mich jemand durch den Fleischwolf gedreht hat. Vielleicht sollte ich doch zu Lydia, nur um mir etwas Erleichterung zu verschaffen. Aber die beobachten mich mit Sicherheit.
 

23. Oktober 2251
Charly ist wieder da - ich hatte gar nicht bemerkt, wie viel es mir bedeutet, ihn an meiner Seite zu haben. Sie hatten ihn wegen unerlaubten Waffenbesitzes festgehalten, und das hat mich ganz schön viel gekostet, ihn da rauszuhauen. Jetzt ist er wieder da, dem Himmel sei dank! ich kam mir schon richtig nackt und verwundbar vor ohne ihn. So ein Schatten ist gar nicht schlecht.
Gute Nachricht ist, daß meine Geschäftsführerin auf Proxima III sehr gute Arbeit leistet. Mein Vermögen schrumpft nicht mehr, sondern wächst, und das obwohl ich eine ganze Menge herausziehe.
 

27. Oktober 2251
Langsam aber sicher drehe ich durch. Wer bin ich überhaupt? Ich fühle mich als ob ich mein Leben verloren habe. Von der alten Taeko ist kaum noch was übrig. Da gab es noch klare Grenzen in meinem Universum. Schwarz und weiß, gut und Böse.
Lydia ist hochgegangen. Und wie!

Sie haben sie vor drei Stunden verhaftet - haben ihr Quartier verwüstet, sie zusammengeschlagen - angeblich hat sie sich wiedersetzt. Ich glaube, daß Trucker sie loswerden wollte. Sie hat sich ihm gegenüber nicht mehr so nett verhalten, hat ihn öffentlich kritisiert, wollte aussteigen aus seinem Kreis. Er hat sie ans Messer geliefert.

Er arbeitet mit dem Sicherheitsdienst Hand in Hand - zumindest mit manchen von ihnen. Ich habe neulich noch mal Dust genommen. Er hat mich "überredet" - oder besser gesagt, ich habe mich überreden lassen. Das macht mir tierisch Angst! Meine eigene Gier nach dieser Droge. Wieder eins sein mit dem Ganzen, das Universum sprechen hören. Die Gedanken, die Erinnerungen anderer auskosten . . .

Diesmal habe ich mich am Geist eines Menschen vergriffen - es war intensiver als jeder Beischlaf! Grenzte dicht an Vergewaltigung, obwohl das Mädchen einverstanden war. Yoniko - sie ist mir jetzt näher, als ich es je für möglich gehalten hatte.

Das war Truckers Idee. Ich bin mir nicht sicher, was er sich davon versprochen hat. Ich sollte in ihren Geist eindringen, erleben, was sie erlebt hat. Ich glaube Trucker dachte, daß es mich anturnen könnte, vielleicht offener für seine Annäherungsversuche machen - bisher hatte ich ihn ja immer abblitzen lassen. Sanft aber entschieden.
Es hat schon so einige seiner Freunde gewundert, da? er sich das hat gefallen lassen. Die meisten Frauen, die er will, nimmt er sich einfach, ob sie wollen oder nicht. Möglichkeiten hätte er ja gehabt, sein Ziel mit Gewalt zu erreichen; aber das scheint ihn nicht zu interessieren. Er will mich willig haben . . .

Es ist eine Spannung zwischen uns, die war von Anfang an da - in mir schon als ich noch Taeko war, und ihn von Weitem beobachtet habe. Ich kann es mir nicht erklären; manche Dinge sollte man auch nicht erklären.

Jedenfalls war es seine Idee, daß ich mit Yoniko im Dust-Rausch verschmelzen sollte. Ich war erst ziemlich entsetzt, aber dann kam mir der Gedanke, daß es eine sehr interessante Möglichkeit sein könnte, in meinen Ermittlungen weiterzukommen. Yoniko ist sein Spielzeug, und soweit ich das beurteilen kann, nimmt er sie überall mit hin; selbst zu Geschäftstreffen.
Jetzt, da alles vorbei ist, muß ich mir eingestehen, daß mich weitaus mehr an der Vorstellung gereizt hat als nur Ermittlungen. Ich war ja schon oft Zeuge gewesen von den üblen Geschichten zwischen Yoniko und Trucker. Aber so eine Chance, das ganze mal von ihrem Gesichtspunkt aus zu erleben, herauszufinden, warum sie das alles mitmacht, das hat mich neugierig gemacht.

Wohl der stärkste Antrieb jedoch, war die Sehnsucht, nach diesem Zustand in den die Droge mich bringt. Darum ließ ich mich auf den zweiten Dust-rausch meines Lebens ein.

Es war vor vier Tagen, kurz nachdem ich meinen Zusammenstoß mit Petrowitsch hatte. Ich war noch grün und blau und konnte kaum eine bequeme Stellung finden, um zu sitzen oder zu liegen.
Ich habe Trucker besucht, um ihm von meinen Beobachtungen in der Sicherheitszentrale zu berichten. Welche der dort anwesenden Sicherheitsbeamten ich schon bei ihm gesehen hatte.

Er hatte Dust da, und hat mir etwas angeboten. Manche Menschen würde es befähigen, in die Gedanken und Erinnerungen eines anderen einzudringen. Ich solle ausprobieren, ob ich das könnte, würde mich vielleicht von meinen Schmerzen ablenken.

Yoniko hat mich ermutigt, sie wollte es tatsächlich selbst. Was mir in ihrem Geist begegnet ist, werde ich bis an mein Lebensende nicht vergessen - Gewalt, Angst, Lust, und Gesichter, Situationen - wie wenn man einen Film in Zeitraffer abspielt!
Ihre Erlebnisse durch ihre Augen sehen, in ihrem Körper fühlen, als ob es meiner wäre - das grenzte an Wahnsinn. Ich habe viel Zeit gebraucht, um mich überhaupt zurechtzufinden, es war total verwirrend. Nach einiger Zeit habe ich festgestellt, daß ich einen Einfluß darauf nehmen kann, woran sie sich erinnert. Ich bin dann von dem ganzen Beziehungsmüll weg, und habe nach Geschäftstreffen geforscht. Das war leichter zu ertragen und ich bin fündig geworden.

Trucker in Unterredungen mit Petrowitsch, Absprachen treffend bezüglich Festnahmen und Verschiffungen. Die Besichtigungen der Dustfabrik; und da habe ich jemanden wiedererkannt. Ich konnte das Gesicht erst nicht zuordnen, aber später habe ich mich erinnert. Einer von Yoshisadas Dinnergästen.
Ein Wissenschaftler von der Erde, einer, der auf neurologische Phänomene und deren genetischen Voraussetzungen spezialisiert ist - heftigste Biochemie. Ich kann mich entsinnen, daß wir sogar über seine Forschungen an Telepathen gesprochen haben, und daß er auch diese neuartige Droge entwickelt  hat, und was für eine interessante Wirkung sie habe . . .

Yaniko erinnerte sich daran, mit ihm in diesem Labor auf Io zusammengetroffen zu sein, und daß Trucker dort sein Dust bezieht. Es war alles ziemlich wirr, sie war wahrscheinlich gedopt gewesen, und hat nicht alles mitbekommen. Es interessiert sie auch nicht, was die Männer da so bereden. Faszinierend, sie ist ein Geschöpf, das wirklich nur für die Lust und die Angst lebt. Scheint sich total zuzudrücken mit allen möglichen Drogen. Und bekommt ihren Kick aus der uneingeschränkten Hingabe . . .

Ich hatte darauf bestanden, mit ihr alleine zu sein. An irgendeinem Punkt wurde mir das alles zu viel. Ich konnte es einfach nicht verarbeiten. Alles um mich herum geschah wie in Zeitlupe, und alles in mir und ihr in Zeitraffer. Das war total verwirrend. Ich wollte gehen, kam aber nicht so gut auf die Beine. Dann lief ich Trucker über den Weg.

Er ließ mich nicht vorbei, sprach zu mir im gleichen Ton, den ich aus ihrem Gedächtnis in Erinnerung hatte. Ich war noch halb in ihrem Geist verstrickt, konnte nicht alles auseinanderhalten, nicht realisieren, was nun geschieht, und was Bilder aus ihrem Kopf sind.
Doch dann habe ich mich wiedergefunden, lang genug, um ihm in die Weichteile zu treten, und aus dem Quartier zu verschwinden.

Ich habe mich für den Rest des Abends in den Gärten verkrochen. Das ist noch der ruhigste Platz. Später bekam ich Bedenken, daß Trucker nachtragend sein könnte. Aber ich habe alles auf eine Karte gesetzt, ihn am nächsten Tag mit meiner Katana besucht, und mit den Worten begrüßt, "Wenn sie es nochmals wagen, mich anzufassen, dann werde ich sie mit diesem Messer bearbeiten, bis keiner sie mehr wiedererkennt." Da hat er gelacht.
 

5. November 2251
Es ist alles aus. Ich bin fertig, erledigt, enttarnt, gedemütigt, und beschmutzt. Mein Leben ein einziger höllischer Trümmerhaufen.

Der Deal sollte entgültig laufen, 2.5 kg Dust für Proxima III. Bedingung war, daß ich mich mit dem Oberhaupt der Organisation auf Io treffe. War für mich kein Problem, es hat mich sowieso interessiert, wer das ist.

Dann kam das Desaster. Ich war ganz nett breit bei Trucker und herein kommt - mein Bruder, der Gangsterboss! Ich habe es nicht fassen können. Er supercool, klopft einige seiner herablassenden Sprüche. Offensichtlich hatte mir die Episode im Sicherheitsbüro noch nachträglich den Hals gebrochen. Da hatten sie erfahren, daß sich hinter "Jane Yamazuko" "Toniko Tokugawa" verbirgt; und niemand auf Io außer meinem Bruder wu?te, da? Toniko vor vierundzwanzig Jahren gestorben war.

Trucker fiel aus allen Wolken, damit hatte er wohl nicht gerechnet, ich hatte meine Rolle scheinbar sehr gut gespielt. Ich glaube, selbst Yoshisada war überrascht, daß ich es war, die sich die Identität unserer Schwester angeeignet hatte.

Ich wollte mich herauszureden, wollte das Spiel einfach weiterspielen,  tat so als sei ich ganz real zur anderen Seite übergelaufen, aber keine Chance. Yoshisada wollte meinen Kopf. Ich mußte hier irgendwie rauskommen. Es waren nur Trucker und Yoshisada im Raum, Charly war mit zweien von Truckers Leuten im Vorraum, wenn ich es schaffen würde, bis dorthin durchzuschlagen, hätte ich eine, wenn auch kleine Chance.

Ich schmiß mich also sehr dramatisch vor Yoshisada's Füße, und begann um Gnade zu betteln, um ihn dann meinen Kopf in den Unterleib zu rammen. Das brachte ihn erst mal aus dem Weg. Jetzt war ich mit Trucker im Kampf. Ich hatte es mir ja schon lange gewünscht, ihn mit meinen Fäusten zu bearbeiten und zuerst sah es recht gut für mich aus, hätte ich etwas mehr Zeit gehabt, wäre er erledigt gewesen - leider kam mein Bruder aber wieder auf die Beine, und holte Verstärkung.

Ich hasse dieses Gefühl, überwältigt zu werden, wenn man kämpft und kämpft und weiß, daß es aus ist . . . Kurze Zeit später war ich am Boden, Trucker auf mir, Blut aus der Nase, schweratmend, erregt. Er fesselte mir die Arme mit Handschellen auf den Rücken, zog mich hoch.

Charly war es nicht besser ergangen als mir, er lag in einer Ecke und wurde von zwei Gorillas mit Fußtritten bearbeitet - von der Seite war also auch keine Hilfe zu erwarten.
Yoshisada stellte sich vor mich hin und schlug mir ins Gesicht. Mehrmals, hart - mir wurde schwarz vor Augen. Als ich wieder sehen konnte, spuckte ich ihn an; mit mehr Blut als Speichel. Er grinste nur, schlug mich wieder und sprach zu mir auf Japanisch - was für eine jämmerliche Schlampe ich wäre, und wie er schon lange auf diesen Augenblick gewartet habe. Nun habe er mich endlich in seinen Fingern.

Er würde es wahrhaft genießen zu sehen, wie Sam Trucker mir jetzt den Rest gibt..

Ich versuchte mich loszureißen, nur kämpfen, vielleicht komme ich doch noch hier raus oder jemand hilft mir oder was soll ich sonst tun - es gelang mir noch Yoshisada zu treten, bevor Trucker mich in den Schwitzkasten nahm und ich mich selbst mit aller Kraft nicht mehr rühren konnte. Dann kam Yoniko und gab mir eine Injektion - und alle Kraft wich aus meinem Körper.

Sie brachten mich in Truckers privaten Raum. Es war eine gemeine Droge, die sie mir verabreicht hatten. Aller Zorn war aus mir verschwunden, ich konnte mich nicht mehr wehren, es war keine Kraft da, nur noch Watte in meinem Kopf.
Ich will mich nicht daran erinnern, was dann geschah - Trucker spielte seine Spielchen, wie ich es schon durch Yonikos Geist erfahren hatte, nur diesmal spielte er sie mit mir -  völlig am Boden zerstört, erniedrigt in einem Maße, der unvorstellbar war, wurde ich in Truckers Händen zu einer Marionette, hatte ihm nichts entgegenzusetzen.

Bis er, in seinem Überschwang einen Fehler machte; er gab mir Dust. Er hatte die Vorstellung, daß es für mich schlimmer wäre, nicht nur seinem Körper, sonden auch seinem Geist ausgesetzt zu sein. Damit hatte er auch recht, nur inzwischen war, von wo auch immer, ein kleiner Funke an Widerstand in mir gewachsen. Und diesen Funken schürte ich.

Als sich das Universum mir öffnete, gab ich mich seinem Geist hin und begann, tief hinabzutauchen - in Regionen, von denen er selbst nicht wußte, daß es sie gab. Dorthin wo seine Angst, sein Schmerz und der Wahn lag, den er als hilfloses Wesen hatte erdulden müssen, und der ihn zu dem gemacht hatte, was er heute war. Dann begann sich das Blatt zu wenden. Er war der, der sich wand und wimmerte. Ich wurde immer brutaler, konnte kaum ertragen welche Erinnerungen er versteckt gehalten hatte, und wollte schnell zum Ende kommen.

Als ich wieder auftauchte, lag er stumm und mit blicklos geöffneten Augen am Boden. Ich nahm mir Kleider aus seinem Schrank und schlich mich aus seinem Quartier - mit mehr Glück als Verstand. Aber es hilft, wenn man die Gedanken der Gegner schon von weitem spüren kann.

Jetzt sitze ich bei Sarah Lee, und versuche wieder zu mir zu finden - obwohl ich mir nicht sicher bin, daß ich das was mir da begegnen wird auch wirklich ertragen kann. Im Buddhismus sagt man, daß insbesondere die Menschen, die einem die schlimmsten Dinge antun, die besten Lehrer sind. Trucker hat mir einiges über mich gezeigt, was ich lieber nicht sehen würde.
 

5. November 2251 - Später
Ich muß was tun - Yoshisada wird mich umbringen lassen, wenn ich ihn nicht aufhalte!
Aber er wird sich noch umschauen - seine eigene Geilheit wird ihm den Hals kosten. Mein "Encounter" mit Trucker hat Yoshisada aufzeichen lassen- um sich auch später noch daran zu laben. In diesen Aufzeichnungen muß auch er zu sehen sein - das wäre ein Beweis für seine Beziehungen mit der Yakuza bzw einem ihrer Schärgen.
Es ist zwar nicht genug, um ihn vor Gericht zu bringen, aber es wird ihn das Gesicht und seinen Job kosten. Und wenn er das verloren hat, dann hat er auch bei seinen Geschäftspartnern keinen Fuß mehr auf dem Boden. Könnte sogar sein, daßß sie ihn auffordern, seinem jämmerlichen Leben ein Ende zu setzen - Seppuku.

Die Earth Alliance kann es sich nicht leisten, jemanden der in einer so kompromittierenden Situation gefilmt wird, in einer leitenden Verwaltungsposition zu lassen. Und wenn die Aufzeichnungen zu ISN kommen, können sie sie noch nichtmal vertuschen, selbst wenn sie es wollten.

Sarah Lee versucht gerade Zugriff zu den Dateien zu finden. Sie wollte mir wieder mal alles ausreden, immerhin bin ich auch auf diesen Aufzeichnungen. Doch was bleibt mir für eine andere Wahl? Wir haben schon nach Geschäftlichen Verbindungen, Transaktionen, Geldbewegungen gesucht, mit denen man Yoshisada überführen könnte, aber ohne Erfolg . . . ganz auf den Kopf gefallen sind die auch nicht. Außßerdem kann sie mich ja unkenntlich machen . . . oder wir verwenden die Ausschnitte, bei denen ich nicht zu erkennen bin. Sie meint ich solle mich mit Clarke in Verbindung setzen, ich weiß aber noch nicht so recht, ob das eine gute Idee ist, da muß ich noch nachspüren.

Ich hab mich total zugedröhnt mich morphin - kann das Leben gerade nicht anders ertragen. Ich hatte entsetzliche Schmerzen - Trucker hat schon mehr als nur meine Psyche angeknaxt. Wenn alle Stricke reißen, werde ich Yoshisada einen Besuch abstatten, um ihn persönlich zu erledigen.

Gute Nachrichten, Sarah Lee ist gerade fündig geworden.

7. November 2251
Ich bin im Medlab. Bin gestern zusammengeklappt - innere Verletzungen. Clarke ist ganz außer sich, er wollte unbedingt wissen,was mit mir passiert ist, aber ich werde ihm nichts sagen. Nachdem dann die Aufnahmen in ISN kamen, hat er keine Fragen gestellt.
Ich vermute, daß die Diagnosen des Arztes ihm einige Aufschlüsse darüber gegeben haben, wer die Beteiligten in den Scenen waren. Trucker ist erwischt worden, als er von der Station geschleust werden sollte. Sie haben ihn untersuchen lassen, er ist ziemlich fertig.
Falls er sich erholt, wird er für ein paar Jährchen in den Bunker gehen. Clarke hat das Labor gefunden und hochgenommen, es war also doch nicht alles umsonst. Nur Petrowitsch und seine korrupten Kumpanen sind immernoch im Dienst.

Das mit Yoshisada ist gut gelaufen, nachdem ISN in einer Spezialsendung unser Material verwertet hatte, Sarah Lee hatte mich auf den Aufnahmen unkenntlich gemacht, und noch einige andere Daten dazugegeben, Transaktionen und Dokumentationen von Treffen, die Trucker wahrscheinlich zum Eigenbedarf aufbewahrt hatte; und das hat meinem sauberen Bruder das Genick gebrochen. Er ist untergetaucht. Bis jetzt war noch kein Hitman bei mir, also vermute ich, daß ich relativ sicher bin.

Ich habe Clarke gebeten, mir Toniko zu lassen. Er wird es sich überlegen.

Wenn ich hier wieder rauskomme werde ich, Taeko Tokugawa, auf den Mars versetzt werden. Da kann ich nochmal neu anfangen. Aber zuerst muß ich hier einen Entzug durchmachen - davor graut mir schon jetzt.
 
 

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